Paar in Umarmung

5 große Themen für Angehörige

und wie Sie damit umgehen können


In meiner Arbeit mit Angehörigen psychisch Erkrankter begegnen mir immer wieder Fragen, die sich 5 großen Themen zuordnen lassen. Diesen Themen widme ich eine ganze Blogartikel-Serie. In jeder Folge betrachten wir eines der großen Themen genauer. Ich lade Sie dazu ein, sich darauf einzulassen, auch einmal bei sich selbst zu schauen, wie Sie mit den jeweiligen Themen umgehen. Und ich möchte Ihnen Impulse mitgeben, die Ihnen helfen sollen, sich dazu zu positionieren - vielleicht sogar auf neue Weise. 

Ach ja, ich spreche hier immer von erwachsenen erkrankten Angehörigen, also beispielsweise dem Beziehungspartner. Wenn ein Kind oder Jugendlicher psychisch erkrankt ist, sieht die Sache in mancherlei Hinsicht wieder anders aus. 


Die 5 Themen sind: 

Hier geht es um

2. Fürsorge 

Als Angehörige/r kennen Sie das bestimmt: Sie sorgen sich um Ihr psychisch erkranktes Familienmitglied und Sie möchten den (oder die) Erkrankte/n gut umsorgen. Vielleicht in der Hoffnung, dass damit alles leichter wird. 

Oder es geht Ihnen so: Sie sind hin- und hergerissen zwischen Fürsorglichkeit und Wut. Wut, weil Sie der Meinung sind, dass ein erwachsener Mensch doch eigentlich in der Lage sein sollte, für sich selbst zu sorgen. Und jetzt sitzt er (oder sie) da, scheint sich um nichts mehr kümmern zu können - oder wollen? Und alles hängt an Ihnen.  

Egal, wie Sie zu dem Thema stehen, kalt lässt es Sie wahrscheinlich nicht. 

Wieviel Fürsorge ist gut - und kann Fürsorge auch schaden?


Manche Angehörige stürzen sich voller Elan in die Fürsorglichkeit für ihren erkrankten Partner. Sie wollen ihm oder ihr das Leben so leicht wie möglich machen. Schließlich ist die Erkrankung belastend genug. Jetzt aber mal ehrlich: wie lange halten Sie das durch? Und wie fänden Sie es, wenn jemand Sie von vorne bis hinten betüddelt?

Einem, zum Beispiel an Depressionen erkrankten Partner*, jetzt alles abnehmen zu wollen ist leider selten ein guter Weg. Menschen mit Depressionen haben in ihren Krankheitsphasen sowieso schon ein vermindertes Selbstwertgefühl - auf Deutsch: Sie haben sowieso schon das Gefühl, zu "nichts zu gebrauchen" zu sein. Wenn Sie jetzt hingehen, und alles für den Partner übernehmen, was glauben Sie, wie sich das auf das Selbstwertgefühl auswirkt? Richtig: es bestätigt die eigene (angenommene) Nutzlosigkeit. Mehr zu diesem Thema können Sie in meinem Blogpost "Wenn der Partner depressiv ist - 10 Dinge, die Sie tun können" nachlesen. Zuviel Fürsorge wird schnell übergriffig und bevormundend. Das kann keiner wollen.

Zuviel Fürsorge schadet aber auch Ihnen selbst. Eh Sie sich versehen, landen Sie selbst in einer Erschöpfungsdepression. Auch, weil die allumfassende Fürsorge keine therapeutische Wirkung hat. Die Erkrankung Ihres Partners also nicht bessert. Das kann ganz schön viel Frust auslösen, und Wut. Doch, Sie sind ja nicht der Therapeut Ihres Partners. Übrigens: auch ein Therapeut packt seine Klienten nicht ausschließlich in Watte...


*ich finde Gendern im Grunde nicht verkehrt....ich finde aber auch, dass es den Lesefluss hemmen kann...deshalb: egal, wie ich es ausdrücke, es sind immer alle Geschlechter gemeint.

Was ist Ihre Motivation?


Ich fürchte mit dieser Frage betrete ich ein sehr schwieriges Terrain. Denn wenn Sie ganz ehrlich darüber nachdenken, könnte es sein, dass die Antwort weh tut. Ich wage es trotzdem mal.

Spontan würden mir die meisten Angehörigen sicher antworten, dass Sie einfach in Sorge sind und deshalb dem Betroffenen soviel Last wie möglich von den Schultern nehmen möchten. Das ist nicht nur verständlich, sondern auch sehr, na ja, fürsorglich halt. Sie wollen nur helfen. 

Unbewusst kann es jedoch sein, dass durch die Fürsorge versucht wird, eigene Bedürfnisse am Partner zu befriedigen. Das Bedürfnis, gebraucht zu werden zum Beispiel. Das Bedürfnis, zu zeigen, dass man selbst es gut (oder besser?) im Griff hat. Das Bedürfnis nach Anerkennung. Das kann nicht gut gehen. Viele meiner KlientInnen berichten mir, dass sich ein depressiv erkrankter Partner abwendet, den Kontakt einschränkt oder sogar abbricht. Das ist oft tragisch und belastet meine KlientInnen sehr. Unter Umständen könnte es sich dabei um eine Reaktion auf ein übermäßiges Fürsorge-Verhalten handeln. Besonders, wenn die Fürsorge als Druck empfunden wird. Ein Beispiel für zu viel Fürsorglichkeit: Wenn Sie ohne Rücksprache Termine mit Ärzten oder Therapeuten vereinbaren. Da wird Fürsorge dann zur Bevormundung. Lesen Sie dazu auch hier weiter: Wenn der Partner keine Therapie möchte.


Ganz normal: Das Bedürfnis nach Kontrolle

Eine weitere Motivation kann darin bestehen, den erlebten Kontrollverlust, den die psychische Erkrankung für alle bedeutet, in den Griff zu bekommen. Das eigene Leben unter Kontrolle zu haben, ist eines unserer Grundbedürfnisse. Ereignisse, die wir nicht selbst herbeigeführt haben und die wir nicht oder nur schlecht beeinflussen können, erleben wir Menschen als Kontrollverlust. Das fühlt sich echt nicht gut an. Daher versuchen wir alles, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Eine Bewältigungsstrategie kann dabei die (übertriebene) Fürsorge für den Erkrankten sein. So nach dem Motto "wenn ich jetzt jederzeit um meinen Partner herumwusele, ihm alle Steine aus dem Weg räume, kriegen wir das schon zusammen hin". Diese Gedanken laufen meistens unbewusst ab. Und sind niemandem zum Vorwurf zu machen!

Welche Art der Fürsorge ist denn nun "richtig"?

Auf jeden Fall ist es richtig, sich als Angehöriger selbst Fürsorge zukommen zu lassen. Das ist mir eine Herzensangelegenheit und ich werde nicht müde, zu betonen, wie wichtig es für Angehörige ist, sich gut um sich selbst zu kümmern. Helfen, für den anderen da sein, unterstützen und ein bisschen schonen - all das ist richtig und wichtig. Und: auf das richtige Maß kommt es an. 

Wenn der Partner oder die Partnerin seelisch erkrankt, ist das eine Belastung, die auch Umstellungen im Alltag mit sich bringt. Auf Angehörige kommt oft eine größere Verantwortung zu und neue Aufgaben. Und dafür brauchen Sie Kraft. 

Wenn Sie sich selbst einen guten, einen wichtigen Platz in Ihrem eigenen Leben einräumen, dann handeln Sie selbstfürsorglich. Konkrete Ideen, wie Selbstfürsorge aussehen kann, stelle ich in meinem Blogpost "Was Sie für sich tun können, wenn Depressionen Ihre Beziehung bedrohen" vor. Zur guten Selbstfürsorge kann es auch gehören, für sich selbst eine therapeutische Begleitung zu suchen. Damit Sie einen Raum haben, in dem Sie all Ihre Gefühle, Ihre Erschöpfung, Ihre Gedanken ansprechen können. In dem jemand nur für Sie da ist, Ihnen zuhört und der an Ihrer Seite ist. 

Haben Sie Mut - Mut zur Selbstfürsorge

In meiner Praxis ist das Thema Fürsorge sehr häufig Thema. Ich begleite meine KlientInnen darin, ihre eigenen Denk- und Verhaltensmuster, ihre Motivation zu erkennen und zu bearbeiten. Wer erkennt, was ihn antreibt, kann in Zukunft besser damit umgehen und eigene Muster einfacher verändern. Schritt für Schritt finden meine Klienten dann zurück in ihre Balance. Damit sie ihre Kräfte behalten. Und die können sie in jedem Lebensbereich gebrauchen.


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About the author

Maria Fahnemann

Als Heilpraktikerin für Psychotherapie, Kunsttherapeutin und kreative Traumatherapeutin helfe ich Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Meine Behandlungsschwerpunkte sind: Anpassungsstörungen Depressionen Angststörungen Stress und Burnout Meine besondere Liebe gilt der Arbeit mit Angehörigen psychisch erkrankter Menschen.

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