
Aktualisiert am 17. Februar 2025
Was Sie für sich tun können, wenn Depressionen Ihre Beziehung bedrohen
...und warum gesunder Abstand so wichtig ist
In diesem Blogartikel können Sie lesen, warum es für Sie als Angehörige/r eines psychisch erkrankten Menschen so wichtig ist, jetzt gut auf sich selbst zu achten. Und wie Sie einen gesunden Abstand herstellen können.
Darum geht es:
Warum der Blick auf sich selbst jetzt wichtig ist
Was psychische Gesundheit bedeutet
Wie der Umgang mit einem depressiven Menschen sich auf Sie auswirken kann
Welche konkreten Anregungen ich für Sie habe
Was Sie lieber vermeiden sollten
Warum Sie jetzt den Blick auf sich selbst richten sollten
Das Leben mit einem Menschen, der an Depressionen erkrankt ist, kann ganz schön viel Kraft kosten. Und ich kann verstehen, wenn Sie jetzt ganz viel für Ihren Partner da sein möchten. Doch: wie lange halten Sie noch durch?
Meine KlientInnen erzählen mir oft, dass sie sich nicht mal mehr trauen, sich mit Freunden zu treffen, eine Runde zu reiten oder Rad zu fahren oder sich in ein Café zu setzen, und zwar ohne den erkrankten Partner. Alles, aus Angst, den Partner oder die Partnerin aus dem Auge zu lassen. Oder aus schlechtem Gewissen, weil sie Spaß haben, während es dem anderen so schlecht geht. Puh, das ist anstrengend!
Und: Damit helfen Sie niemandem. Wirklich nicht!
Um diese schwierige und anstrengende Zeit durchzuhalten, brauchen Sie Ihre Kraft. Schauen Sie deshalb bitte jetzt auch auf sich selbst.
Und stellen Sie sich diese Fragen:
- Wie geht es mir?
- Was ist in meinem Leben wichtig?
- Was (oder wen!) gibt es noch, der mir am Herzen liegt und meine Aufmerksamkeit braucht?
(Hier sollten Sie auch sich selbst nennen, finden Sie nicht?)
Es hat überhaupt nichts mit Egoismus zu tun, wenn Sie Ihre Bedürfnisse genauso wichtig nehmen wie die der anderen.
Und, ich bin jetzt mal ganz deutlich: Ich finde, es ist Ihre Pflicht, auch auf sich selbst zu schauen!
Was Sie tun können, wenn Sie nicht mehr wissen, wie Sie sich in Ihrer Beziehung verhalten sollen, lesen Sie diesen Blogartikel von mir.
Sorgen Sie für Ihre eigene psychische Gesundheit
Ihre eigene psychische Gesundheit sollte für Sie jetzt ganz oben auf der Liste stehen. Denn nur so können Sie bei Kräften bleiben - und nur so können Sie auch anderen eine Hilfe sein. Und das wollten Sie doch, oder?
Wenn Sie sich jetzt verausgaben, alles für den erkrankten Menschen tun, immer für ihn oder sie da sind, marschieren Sie geradewegs in die totale Erschöpfung. Körperlich und seelisch.
"Psychische Gesundheitspflege" bedeutet an erster Stelle,
- die eigenen Grenzen kennen
- diese Grenzen achten(!)
- wissen, was einem Spaß macht und Freude bereitet - und die Akkus wieder auflädt
- auch auf das körperliche Wohlbefinden zu achten, denn die Psyche lebt nicht im "luftleeren" Raum
Lassen Sie sich von der Depression nicht anstecken
Natürlich sind Depressionen nicht übertragbar wie ein Magen-Darm-Virus. Trotzdem ziehen Menschen mit Depression ganz schön oft andere mit in die Erkrankung hinein. Das tun sie nicht mit Absicht - aber Stimmungen übertragen sich nun mal häufig.
Klar wäre es toll, wenn Menschen mit Depressionen sich von der guten Laune ihrer Umgebung mitreißen lassen könnten. Das können sie nur leider nicht. Meistens lassen sich die nicht-depressiven Partner von der gedrückten Stimmung des Depressiven mitziehen. Wenn Sie außerdem noch erleben, wie Ihre gut gemeinten Hilfsangebote nicht angenommen werden, Sie mit Ihren Vorschlägen immer wieder ins Leere laufen, verlieren auch Sie langsam aber sicher Ihre Zuversicht. Wenn Sie jetzt nicht aufpassen, schnappt die Depressionsfalle möglicherweise bei Ihnen zu. Das passiert besonders dann, wenn Sie nicht in der Lage sind, genügend gesunden Abstand herzustellen.
Von außen sieht das dann so aus, als hätten Sie sich an der Depression des anderen angesteckt.
Meine konkreten Anregungen für Sie
Hier kommen meine besten Ideen, wie Sie diese "seelische Gesundheitspflege" für sich selbst im Alltag gut hinbekommen können:
1. Treffen Sie sich weiterhin mit Freunden und Familie. Lassen Sie sich bewusst mal auf andere Gedanken bringen
Ich finde es ja am einfachsten, wenn man Freunde und Familie über die depressive Erkrankung in der Familie informiert. Dann brauchen Sie nicht rumzueiern, weil sie womöglich alleine eine Einladung annehmen oder der erkrankte Partner (oder die Partnerin) teilnahmslos den Besuch "über sich ergehen lässt". Je selbstverständlicher Sie mit dem Thema Depressionen umgehen, also zum Beispiel klar machen, dass es eine Erkrankung ist, desto einfacher ist es auch, sich mit Freunden zu treffen. Und warum nicht sagen, dass Sie mal einen Nachmittag Abstand von der Depression brauchen?
Raus aus der Erschöpfungsfalle
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2. Nehmen Sie sich vor, jeden Tag etwas für sich selbst zu tun. Etwas, das Ihnen gut tut, was Sie erfreut
Wissen Sie, was meine bewusste kleine Selbstfürsorge jeden Tag ist? Nachdem ich morgens eine Runde mit meinem Hund gegangen bin, mache ich mir eine Tasse Kaffee, schäume mir Milch auf und nehme mir die Teile der Zeitung vor, die ich beim Frühstück nur kurz überblättert habe. Dafür nehme ich vielleicht 15 Minuten. Ich muss schließlich danach auch arbeiten, Termine wahrnehmen etc. Doch diese 15 Minuten tun mir so gut!
Es muss also nichts Großes sein, eine Kleinigkeit, mit der ich mir selbst eine Freude mache. Ich bin sicher, solche Kurzpausen passen in jeden Alltag!
Vielleicht ist für Sie ein Spaziergang das Passende. Oder Sie blättern in einer Zeitschrift, lesen ein Kapitel in einem Buch, schauen mal wieder ganz entspannt eine Serie im Fernsehen an. Wenn Sie nun sagen: "Das mache ich doch sowieso schon, hilft aber nicht", dann überlegen Sie mal, ob Sie solche kleinen Dinge zukünftig nicht ganz bewusst machen können. Sie wollen in einer Zeitschrift blättern? Dann sagen Sie sich bewusst so was wie "jetzt nehm ich mir mal die Zeitschrift und schau mir die schönen Bilder an" (oder so ähnlich), "ich genieße diese kleine Pause jetzt mal ganz bewusst". Glauben Sie mir, dieses bewusste Tun macht den Unterschied!
In diesem Blogartikel habe ich noch mehr Ideen zusammengefasst, die für sofortige Entspannung im Alltag sorgen können.
3. Bestimmen Sie einen Ort in Ihrer Wohnung, in dem das Thema "Depression" nicht zugelassen ist
Klingt komisch? So kann das praktisch gehen:
Es muss kein ganzer Raum sein. Ein Sessel, eine Sofaecke, ein ganz bestimmter Platz am Esstisch oder eine Yogamatte, die Sie einmal am Tag für sich ausrollen, können schon ausreichen.
Setzen oder legen Sie sich an diesen Platz. Sagen Sie halblaut vor sich hin: "An diesem Platz hat das Thema Depression keinen Zutritt." Oder: "Dies ist depressionsfreie Zone". Probieren Sie aus, was für Sie passt. Wiederholen Sie diesen Satz ein paarmal. Ich weiß, dass sich das echt komisch anhört und ich bin überhaupt nicht esoterisch veranlagt - aber es wird funktionieren!
Wenn Sie erstmal ein bisschen Übung haben, klappt es von ganz allein. Jedes Mal, wenn Sie sich auf diesen Platz setzen (oder legen), geht Ihnen der Satz "dies ist depressionsfreie Zone" durch den Kopf und Sie können sich ein bisschen von dem Thema erholen.
Sie können das Ganze auch umgekehrt machen und einen Ort in der Wohnung bestimmen, an dem Sie bewusst die Gedanken an die Erkrankung zulassen und sich damit auseinandersetzen. Darüber nachdenken, welches die nächsten Schritte sein könnten - oder sich darin üben, das, was jetzt gerade da ist, nämlich eine schwierige Situation, die Sie gerade nicht ändern können, zu akzeptieren. Wenn Sie sich an diesen Platz des Nachdenkens und Sinnierens begeben nehmen Sie sich dafür eine ganz bestimmte Zeitspanne vor. Zum Beispiel 10 Minuten. Nach 10 Minuten sagen Sie (halb-)laut zu sich selbst: "So genug. Die Zeit ist um.". Dann stehen Sie auf, klopfen Ihren Körper ab und setzen Ihren normalen Tag fort. Probieren Sie es einfach einmal aus.
4. Akzeptieren Sie Ihr Bedürfnis nach Abstand
Sie versuchen innerlich auf Abstand zu der Erkrankung Ihres Partners oder Ihrer Partnerin zu gehen, damit Sie in Ihrer Kraft bleiben. Und gleichzeitig haben Sie ein schlechtes Gewissen, weil Sie glauben, Ihren Partner/Ihre Partnerin dann in all dem Elend allein zu lassen. Keine gute Kombi.
Da hilft nur eins: Akzeptieren Sie Ihr Bedürfnis nach Abstand und lernen Sie den Unterschied zwischen Abgrenzung und Abwendung. Dazu habe ich eine tolle Übung für Sie. Sie stammt aus der PEP® (Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie), die in Deutschland vor allem mit dem Namen des Arztes Michael Bohne verbunden ist. Die Übung geht so:
- Suchen Sie mit den Fingern Ihrer rechten Hand eine Stelle
unterhalb Ihres linken Schlüsselbeins - Massieren Sie diese Stelle kreisend
- Sagen Sie dabei halblaut etwas wie "auch wenn es mir schwer fällt,
ab und zu Abstand zu nehmen, liebe und akzeptiere ich mich voll
und ganz" (oder was auch immer für Sie zutrifft, wichtig ist der
Nachsatz "...liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz") - Machen Sie das ein paarmal und spüren Sie nach

5. Lassen Sie sich therapeutisch begleiten
Therapie ist nicht nur etwas für Ihren erkrankten Partner. Therapeutische Begleitung kann Ihnen helfen, selbst gut mit der belastenden Situation klarzukommen. Das können die Themen sein:
- Wir schauen uns Ihre Gefühlswelt und die dahinter liegenden Bedürfnisse gemeinsam an.
- Wir hinterfragen gemeinsam Ihre Rolle als stets sorgende/r Angehörige/r und finden einen neuen Umgang damit
- Wir bearbeiten Ihre eigene Haltung zum Thema "Krankheit"
- Gemeinsam können wir einen Weg finden, einen gesunden Abstand zur Erkrankung des Partners zu erlangen
- Eine depressive Erkrankung verändert die Beziehung. Wie Beziehung nun gestaltet werden kann, bearbeiten wir in der Therapie
Was Sie lieber vermeiden sollten, weil es niemanden weiterbringt
Wenn Ihnen meine Ideen für mehr Selbstfürsorge gefallen haben und ich Ihnen Anregungen geben konnte, freut mich das.
Doch machen Sie jetzt nicht diese Fehler:
1. Versuchen Sie jetzt nicht, Ihren Partner zum Mitmachen zu bewegen
Wenn Sie etwas gefunden haben, was Ihnen Freude bereitet und Ihnen gut tut, versuchen Sie jetzt nicht, Ihren Partner/Ihre Partnerin dazu zu überreden, mitzumachen. Zum Beispiel, weil Spazierengehen doch zu zweit viel mehr Spaß macht. Wenn Sie das machen, sind Sie wieder dort, wo Sie vorher schon waren - mit Ihren Gedanken und Gefühlen ganz beim anderen. Hier geht es jedoch um Sie!
2. Geben Sie nicht zu früh auf
Selbstfürsorge und Selbstachtsamkeit wollen geübt werden. Geben Sie nicht nach ein paar Versuchen auf, weil es "doch nichts bringt". Denk- und Verhaltensweisen können Sie nicht an einem Tag ändern. Nehmen Sie sich Zeit für sich, üben Sie, bleiben Sie am Ball. Dann klappt es jeden Tag ein bisschen besser. Lassen Sie sich lieber professionell helfen, statt aufzugeben!
3. Machen Sie die Selbstfürsorge nicht zur "Pflichtübung"
Weiter oben habe ich geschrieben, dass ich es für Ihre Pflicht halte, jetzt auch an sich selbst zu denken. Das meine ich auch so. Doch was ich nicht meine, ist, dass Sie jetzt krampfhaft versuchen, Achtsamkeitsübungen in Ihr eh schon volles Leben zu integrieren. Wenn sich in Ihnen Widerstand regt gegen meine Anregungen, wenn Sie das Gefühl haben, sich damit zu überfordern und Sie sich schlecht fühlen, ziehen Sie erstmal ganz schnell die Notbremse!
So geht das:
Wenn Sie sich bei dem Gedanken ertappen "das kann ich nicht", "das ist mir zu viel", "was soll ich denn sonst noch alles leisten?" sagen Sie zunächst einmal laut "Stopp!". Nehmen sie diese Gedanken ernst. Aber nicht, um Ihre eigenen Bedürfnisse nun auf die Seite zu legen. Atmen Sie jetzt ein paar Mal tief durch. Es kann sein, dass Sie schon so tief im "ich muss helfen und das, was ich brauche spielt jetzt erstmal keine Rolle" befinden, dass Sie das ohne Hilfe von außen nicht so ohne weiteres anfangen können.
Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich professionelle Hilfe zu suchen. Warten Sie damit nicht zu lange!
Hier nochmal das Wichtigste zusammengefasst
- Schauen Sie auf sich selbst, damit Sie in Ihrer Kraft bleiben!
- Erkennen Sie Ihre Grenzen und nehmen Sie diese ernst!
- Nur wenn Sie gesunden Abstand halten, schützen Sie sich davor, sich an der Depression "anzustecken"!
- Versuchen Sie, kleine Achtsamkeitsinseln und "depressionsfreie Zonen" in Ihren Alltag zu integrieren!
- Oder umgekehrt: Schaffen Sie einen Platz, an dem Sie bewusst für eine vorher festgelegte Zeit über die Erkrankung nachdenken, um danach wieder zum Alltag zurückzukehren
- Üben Sie und bleiben Sie am Ball, damit Sie nicht in alte Muster zurückfallen.
- Holen Sie sich professionelle Hilfe, wenn Sie merken, dass Sie alleine nicht weiterkommen!
Sie brauchen Hilfe und möchten mit mir arbeiten?
3 einfache Schritte zu mir:
1. Vereinbaren Sie einen Kennenlerntermin
2. Wir telefonieren und klären, ob ich Ihnen helfen kann
3. Sie entscheiden in Ruhe, ob Sie mich buchen möchten
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