6 Irrtümer über Kunsttherapie - und was wirklich stimmt
Hab ich recht? Bei "Kunsttherapie" denken Sie zuerst ans Malen. Und dass man dafür begabt sein muss. Dass Kunsttherapie aber noch viel mehr ist - und mehr kann - das erläutere ich in diesem Blogartikel. Und zwar, indem ich mal alle populären Irrtümer zum Thema aufgreife. Und zeige, was wirklich stimmt.
Erst als ich neulich einen Vortrag über Depressionen und kunsttherapeutische Behandlungsansätze gehalten habe, wurde mir klar, wie wenig eigentlich über die Möglichkeiten der leiborientierten Kunsttherapie bekannt ist.
Eine Teilnehmerin sagte nämlich am Schluss des Vortrages: "Ach so, dann ist ja die Kunsttherapie eine eigenständige psychotherapeutische Methode!". Mir wurde klar, dazu sollte ich mal einen Blogartikel verfassen...
...deshalb kommen hier 6 Irrtümer über Kunsttherapie ... und deren Aufklärung. Viel Spaß beim Lesen!

Irrtum Nummer 1:
"Kunsttherapie ist begleitetes Malen"
Klar, in der Kunsttherapie wird auch gemalt. Doch das steht nicht unbedingt im Mittelpunkt. Kunsttherapie ist nämlich eine psychotherapeutische Methode.
Ich bin leiborientierte Therapeutin mit dem Schwerpunkt Kunst. Und im Mittelpunkt der Leibtherapie stehen der Kontakt und der Dialog mit der Klientin.
Wenn Worte nicht reichen
Unter Dialog wird ja meistens ein Gespräch verstanden. Das führe ich auch mit meinen KlientInnen. Doch manche Dinge lassen sich besser mit Gesten, Tönen, Farben und Formen ausdrücken. Vor allem, wenn es zu schmerzhaft wäre, etwas in Worten auszudrücken. Dann lade ich meine KlientInnen dazu ein, es doch einmal mit einem anderen Medium zu versuchen. So werden Themen sichtbar oder hörbar und können beschrieben, besprochen, anders erlebt und bearbeitet werden.
Also: Kein begleitetes Malen.
Mehr dazu, wie ich kunst- beziehungsweise leibtherapeutisch arbeite können Sie übrigens in diesem Blogpost von mir lesen.

Irrtum Nummer 2:
"Kunsttherapie ist eine Art Entspannungsmethode"
Sich künstlerisch zu betätigen, kann ungemein entspannend sein, keine Frage.
Aber das ist nicht das Ziel leiborientierter Kunsttherapie.
In meinen Therapiesitzungen geht es um sehr persönliche, meistens auch sehr belastende Themen meiner KlientInnen.
Gemeinsam schauen wir uns die Themen an und bearbeiten sie Stück für Stück. Wenn die Klientin dann meine Praxis verlässt und ein kleines bisschen gelöster ist, hat das vielleicht auch ein wenig mit Entspannung zu tun. Und dazu hat sicher auch die Art der Bearbeitung - nämlich mit kreativen Mitteln - ein Stückchen beigetragen. Trotzdem ist Therapie kein Entspannungskurs.
Also: Kunsttherapie ist keine Entspannungsmethode!
Wenn Sie aber tolle Entspannungstipps suchen, lesen Sie diesen Blogpost von mir.

Irrtum Nummer 3:
"Für Kunsttherapie muss man künstlerisch begabt sein"
Ganz ehrlich: um künstlerische Begabung geht es überhaupt nicht. Kein bisschen.
Jeder Mensch hat eine ganz eigene Ausdruckskraft. Ob er dazu Farben nutzt, die er auf Papier bringt, ob er mit Modelliermasse etwas formt, ob er einen Ton erklingen lässt oder eine Bewegung findet, für das, was ihn bewegt.
Immer geht es um den eigenen Ausdruck
Und um das eigene Erleben. Um das was passiert, während die Klientin etwas gestaltet und um die Veränderung, die im Prozess möglich wird. Und da ist künstlerische Begabung nicht nur nicht notwendig, sondern sie kann sogar hinderlich sein. Weil jemand, der künstlerisch begabt ist, sich dann eventuell bemüht, ein "schönes Bild" zu malen. Wenn ich das merke, lade ich auch mal dazu ein, einen Ton oder eine Bewegung zu finden.
Also: Künstlerische Begabung kann sogar hinderlich sein.

Irrtum Nummer 4:
"Kunsttherapie ist Therapie für Künstler"
Klare Antwort: Nein. Mit Kunsttherapie wird der therapeutische Weg beschrieben, den diese Form der Psychotherapie geht. Jeder Mensch, der innere Konflikte erlebt, der sich in einer Lebenskrise befindet oder an einer seelischen Erkrankung leidet, kann von kunsttherapeutischer Behandlung profitieren.
Die Schwerpunkte meiner therapeutischen Arbeit
...liegen vor allem in der Behandlung von Menschen, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind und deren Leben dadurch in "Schieflage" geraten ist. Besonders am Herzen liegen mir dabei auch Angehörige psychisch erkrankter Menschen. Mehr darüber können Sie hier in diesem Blogpost nachlesen.
Also: Nicht Künstler stehen im Mittelpunkt kunsttherapeutischer Behandlung, sondern Menschen in seelischen Nöten. Und da spielt es keine Rolle, ob jemand Künstler oder Ingenieur von Beruf ist.

Irrtum Nummer 5:
"In der Kunsttherapie analysiert der Therapeut, was ich gemalt habe"
Genau das tue ich nicht. Und genau das ist das Kennzeichen der leiborientierten Kunsttherapie. Es geht um das Erleben des Klienten. Und nur der Klient kann mir sagen, welche Bedeutung seine Gestaltung hat.
Leibtherapeuten nennen das "Klientenkompetenz"
Und die ist zentral in unserer Arbeit. Gemeinsam mit der Klientin erkunde ich ihre Gestaltung. Ich bin interessiert, teile mit, was mich neugierig macht, frage, wo eine Lieblingsstelle ist und ob noch etwas fehlt oder etwas zu viel ist. Durch diesen Dialog werden therapeutische Anliegen sichtbar, können beschrieben werden und es zeigen sich ganz neue Wege zur Veränderung. Und es geht immer um das ganze Erleben, in der Welt der Gefühle, der Gedanken und auf körperlicher Ebene. Das ist Leibtherapie. Wenn Sie noch mehr über die kreative Leibtherapie erfahren möchten, finden Sie in diesem Flyer jede Menge Informationen.
Also: Ich deute nicht, ich achte und fördere die Kompetenz der KlientInnen.

Irrtum Nummer 6:
"Kunsttherapie ist eher was für die Rehaklinik"
Tatsache ist, dass viele Menschen - auch unter meinen KlientInnen - Kunsttherapie zum ersten Mal im Rahmen einer Reha kennengelernt haben.
Die meisten waren begeistert. Das freut mich natürlich besonders.
In einer Rehaklinik arbeitet ein ganzes Team mit den Patienten. Da bilden die kreativ-therapeutischen Verfahren meistens einen Mosaikstein im gesamten Behandlungskonzept.
Da aber Kunsttherapie, so wie ich sie anwende, ein psychotherapeutisches Verfahren ist, kann sie auch als alleinige Therapie in Anspruch genommen werden. Ambulant, in meiner Praxis.
Also: Kunsttherapie ist äußerst vielseitig und keineswegs auf den Bereich Klinik oder Reha beschränkt.
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Überarbeitet am 28.9.2020